Walter Kappacher

Wirklichkeit und Phantasie – die Grenzen haben sich in meinem Kopf ohnehin immer wieder ver­wischt, oft hatte sich für mich das Geschrie­bene an die Stelle der „Wirklich­keit“ gesetzt.
Walter Kappacher: Dankrede
Walter Kappacher zeigt seine Preisurkunde
Ein poetischer Realist, in dessen erzählerischem Werk die Stille hörbar wird und uns in ihren Bann zieht; er wird ausgezeichnet für seine hoch musikalische, feinst komponierte und trotzdem gelassene, gleichsam
atmende Prosa [...]
In Anlehnung an den Urkundentext
Foto: Martin Oeser / ddp

Lebensart

Walter Kappacher ist Autodidakt, Selbstlerner, Schweiger und Einsamkeitsexperte. Er hat die Literatur für sich entdeckt, das Schauspielern, das Zeichnen und Fotografieren. [...]
[Er schreibt] Geschichten von Menschen, die nicht funktionieren, weder im Erwerbsleben noch in der sogenannten Gesellschaft, erfüllt von vager Sehnsucht, doch ohne konkrete Bindungslust, ernsthafte, grüblerische Beobachter, die sich unablässig fragen, wozu sie gut sein sollen. Und irgendwann den Punkt erreichen, an dem sie das Programm verweigern, ohne genau zu wissen, was sie an seine Stelle setzen könnten. Doch sie wagen es. Sie steigen aus. Die Verweigerung ist der Punkt, auf den die frühen Bücher zulaufen. „Etwas Besseres als den Tod werden wir überall finden“, sagen sich die Bremer Stadtmusikanten; es könnte auch das Motto von Kappachers Heldin Rosina sein, der Sekretärin aus der gleichnamigen Erzählung von 1978, an der das Leben vorbeizulaufen droht. Oder das Motto der Hauptfigur seines kurzen Debütromans Morgen (1975). Walter Kappachers Arbeitsprogramm, schrieb Martin Walser damals über dieses Buch, „ist das echte Roman-Arbeitsprogramm: Prüfung einer Lebensart“. Walser erkannte am Werk des Mittdreißigers die existentielle Wucht des Lebensthemas.

Paul Ingendaay: Laudatio
Fotografie von Walter Kappacher - Schilf
Foto: Walter Kappacher

Ich ging in die Hocke, die Schilf-Formen und die Spiegelungen dieser Formen versetzten mich in einen seelischen Schwebezustand von Raum und Zeit.

Zitat: Walter Kappacher, aus: Schönheit des Vergehens, Müry Salzmann Verlag, 2009