„Seine Texte widmen sich der Vergegen­wärtigung deutscher Vergangenheit mit derselben präzisen Hingabe, mit der sie dem Sound der Jetztzeit nachspüren.“

Die Rede ist von Marcel Beyer.

Marcel Beyer, Büchner-Preisträger 2016
Ich verbeiße mich in Schrift
Marcel Beyer beherrscht das epische Panorama ebenso wie die lyrische Mikroskopie und den zeitdiagnostischen Essay. Seine Texte widmen sich der Vergegenwärtigung deutscher Vergangenheit mit derselben präzisen Hingabe, mit der sie dem Sound der Jetztzeit nachspüren. Sie betreiben eine poetische Erdkunde, die immer auch Spracherkundung ist; kühn und zart, erkenntnisreich und unbestechlich, lassen sie die Welt zugleich wundersam bekannt und irisierend neu erscheinen.
Aus dem Urkundentext
Zitat: Marcel Beyer
Foto: Jens Gerdes / Deutsche Akademie

Das Bügelbrett

Was, so frage ich mich, soll man von jemandem halten, der seine Texte auf einem Bügelbrett schreibt, 35 Euro, von Hertie? Nicht ein Bügel-Tisch, keine inkludierte Dampf­station („Drei Punkte Temperatur“), nur ein bunt bespanntes Brett. Und das, weil alle anderen Flächen durch Alltag und Papier bereits belegt sind: durch Projekte, Zeitungen, Übersetzungen, Verzeichnisse, Bemerkungen, Marginalien, Prosa und Poetik, kurz: durch die „Materialität der Kommunikation“ [...].
Ich stelle mir die Wohnung, in der der besagte Autor wohnt, einge­schneit vor. Doch anders als in Kaltenburgs Arbeits­zimmer, in dem dieser leichte Flocken von Brot für die mauserschwachen Erpel auf den Teppich niederkrümeln lässt, tru­delt hier flächiges Papier-Weiß um­her, wird ausgestreut und wieder aufgeklaubt.

Anke te Heesen: Laudatio
2016: Marcel Beyer, Büchner-Preislesung
Die Laudatio
Anke te Heesen: Laudatio auf Marcel Beyer, gehalten am 5. November 2016
Archiv der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
Dauer: 00:14:28
© Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung
Foto: Jens Gerdes / Deutsche Akademie
2016: Marcel Beyer, Büchner-Preislesung mit Ingo Schulze und Peter Hamm
Die Dankrede
Marcel Beyer: Dankrede, gehalten am 5. November 2016
Archiv der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung
Dauer: 00:27:36
© Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung
Marcel Beyer signiert für Ingo Schulze und Peter Hamm.
Foto: Jens Gerdes / Deutsche Akademie

Die Macht der Worte

Ausschnitt aus der Rede von Staatsministerin Monika Grütters zur Eröffnung der Preisverleihung:

Wir brauchen „Poesie wie Brot“ – so könnte man die Lehre beschreiben, die Deutschland aus zwei Diktaturen gezogen hat und die da lautet: Die Freiheit der Kunst ist konstitutiv für eine Demokratie. Wir brauchen die provozierenden Künstler, die verwegenen Denker, wir brauchen die Utopien, die sie entwerfen, die Phantasie, die sie antreibt, aber auch die Schärfe ihres Verstands! Sie ver­hindern damit, dass intellektuelle Trägheit, argumentative Phantasie­losigkeit und politische Bequemlichkeit die Demokratie einschläfern. Sie sind imstande, unsere Gesellschaft vor gefähr­licher Lethargie und damit auch vor neuerlichen totalitären Anwandlungen zu bewahren. Die Freiheiten dieser Milieus zu schützen ist deshalb heute oberster Grundsatz, vornehmste Pflicht verantwor­tungsvoller Kulturpolitik nicht zuletzt auch im Vertrauen auf die Kraft der Worte.

Heinrich Detering und Monika Grütters 2016 vor der Büchner-Preisverleihung
v.l.: Heinrich Detering, Akademiepräsident, Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Oberbürgermeister Jochen Partsch auf dem Weg ins Staatsheater Darmstadt. Foto: Deutsche Akademie