Die Vergabe des Büchner-Preises 1992 an George Tabori , den ungarischen Juden mit englischem Pass und österreichischem Wohnsitz, wird von der Medienöffentlichkeit als wichtiges Signal gewertet angesichts der gewalttätigen fremdenfeindlichen Übergriffe deutscher Neonazigruppen nach 1989. Gleichwohl kommt die Frage auf, ob die Entscheidung auch satzungskonform sei, denn in der Satzung heißt es: „Zur Verleihung können Schriftsteller und Dichter vorgeschlagen werden, die in deutscher Sprache schreiben [...].“ George Tabori aber schreibt hauptsächlich in englischer Sprache. Wie hat die Jury diesen Punkt diskutiert?
Ivan Nagel betont, dass von den Theaterstücken wie z. B. Mein Kampf oder Goldberg-Variationen kein englisches oder amerikanisches Original vorhanden sei; es existiere nur das deutsche Original des jeweiligen Stückes oder der Prosa. Peter Wapnewski weist daraufhin, dass in der Satzung ebenfalls stehe: „Zur Verleihung können Schriftsteller und Dichter vorgeschlagen werden [...] die durch ihre Arbeiten und Werke hervortreten und an der Gestaltung des gegenwärtigen deutschen Kulturlebens wesentlichen Anteil haben“. Dies gelte im besonderem Maße für George Tabori. Der Beweis, dass es keine fremdsprachlichen Ausgaben der Theaterstücke Taboris aus den letzten zwanzig Jahren gebe, reiche ihm, sagt Herbert Heckmann, um George Tabori auszuzeichnen. Die Jury müsse allerdings auf den Vorwurf gefasst sein, sie zeichne nun auch Ausländer mit dem Büchner-Preis aus. Deswegen seien die Begründung für die Preisvergabe an Tabori und der Urkundentext sehr wichtig. Und darin heißt es dann: George Tabori wird mit dem Georg-Büchner-Preis ausgezeichnet „für seine Theaterstücke, seine klärende Prosa und seine engagierte Theaterarbeit. Wir bewundern darin seinen Mut, dem deutschen Publikum mit Witz Ironie und doch mit der Leidenschaft des Opfers und der Distanz des Weisen die unheilvolle gemeinsame Geschichte der Deutschen und Juden vor Augen zu führen.“