© Deutsche Akademie/Andreas Reeg

Ohne seine Stimme, seinen Ton, seine Sprachmagie und sein Formbewusstsein wäre die deutsche Gegenwartsliteratur ärmer, sehr viel ärmer. Herzlichen Glückwunsch zum Georg-Büchner-Preis 2023!

Aus der Laudatio von Lothar Müller

Seine Maxime „Der Hallraum eines Gedichts sollte nicht kleiner sein als der eines Romans“ lässt sich auch umkehren: „Der Hallraum eines Romans sollte nicht kleiner sein als der eines Gedichts“. So passt sie noch besser zu seinen Erzäh­lungen und Romanen. Etwa zur „Zeitwaage“, dieser dunklen Novelle, in der die filigrane Mechanik der goldschim­mernden Armbanduhr mit dem Tod verknüpft ist, der aus dem Trafohäuschen kommt. Durch den Arbeiter, der sie am Handgelenk trug, geht der Starkstrom hindurch, bis sein Scharren in der Reparatur­wanne unter der Oberleitung am Hackeschen Markt in Berlin nicht mehr zu hören ist. Wie die Erzählung „Der Kapuzenkuss“, eine der bild­kräftigsten Schul- und Kindheits­liebesgeschichten der Gegenwartsliteratur, gehört die „Zeitwaage“ zu Keimzellen, aus denen die Romane Lutz Seilers erwachsen sind.

Aus der Laudatio von Lothar Müller
Urkundenüberreichnung an Lutz Seiler zum Büchner-Preis
Urkundenüberreichung an Lutz Seiler, links Ernst Osterkamp, Präsident der Deutschen Akademie
© Deutsche Akademie/Andreas Reeg
Lutz Seiler: Dankrede, gehalten am 4. November 2023 im Staatstheater Darmstadt
© Deutsche Akademie für Sprache und Dichtung